Neues Kapitel in der Wirtschaftsjurisdiktion: Die Einführung der Commercial Courts 2025

Mit dem Inkrafttreten des Justizstandort-Stärkungsgesetzes am 1. April 2025 erhalten Unternehmen in Deutschland eine neue, spezialisierte Möglichkeit zur Lösung von wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten. 
Ab diesem Zeitpunkt werden sogenannte Commercial Courts und Commercial Chambers an mehreren deutschen Standorten ihre Arbeit aufnehmen. Diese Gerichte konzentrieren sich auf komplexe, wirtschaftsrechtliche Auseinandersetzungen und bieten sowohl Unternehmen als auch Anwälten eine effizientere und kompetentere Bearbeitung von Fällen. 
In diesem Blog-Beitrag werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Neuerungen und den Nutzen der neuen Gerichte.

Status quo: Wo und wie starten die neuen Commercial Courts und Chambers?

Die Commercial Courts und Commercial Chambers werden ab April 2025 an mehreren deutschen Standorten ihre Tätigkeit aufnehmen. Dabei handelt es sich um spezialisierte Spruchkörper, die sich auf wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten fokussieren und so für eine schnellere und gezieltere Lösung sorgen. Parteien können ihre Auseinandersetzungen in diesen neuen Gerichten verhandeln – vorausgesetzt, es besteht eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien und der Mindeststreitwert ist erreicht. Dieser Mindeststreitwert variiert je nach Gegenstand und Spruchkörper:

Vor den Commercial Courts gilt bei bürgerlichen Streitigkeiten zwischen Unternehmen, bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Unternehmens oder bei Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und Mitgliedern des Leitungsorgans oder des Aufsichtsrats ein Mindeststreitwert von 500.000,00 EUR. Rechtsstreits, die unabhängig vom Streitwert nicht in den Anwendungsbereich der Commercial Courts fallen, sind z.B. jene auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts sowie über Ansprüche nach dem Gesetz des unlauteren Wettbewerbs.

Dahingegen können vor den Commercial Chambers auch Streitigkeiten mit geringerem Streitwert verhandelt werden. Beispielhaft können hier Streitigkeiten genannt werden, deren wesentlicher Gegenstand den Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie betrifft. Aber auch Streitigkeiten, die Anlagen oder deren Komponenten der erneuerbaren Energien betreffen, können darunter fallen. Zuletzt sind auch solche Streitigkeiten zu nennen, die bei Erreichen des Mindeststreitwerts in den Anwendungsbereich der Commercial Courts fallen würden. Je nach Gegenstand liegt der Mindeststreitwert bei den Commercial Chambers zwischen 5.000,00 und 500.000,00 EUR. 

Die wichtigsten Städte bzw. Bundesländer, in denen die Commercial Courts und Chambers entstehen, sind:

•    Stuttgart: Hier wird ein Commercial Court eingerichtet, der sich speziell mit gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten befasst.

•    Düsseldorf: Der Commercial Court wird unter anderem Streitigkeiten im Bereich Unternehmensrecht, Baurecht, Versicherungsrecht und M&A behandeln.

•    Berlin: In Berlin konzentriert sich der Commercial Court auf das Bau- und Architektenrecht, mit der Möglichkeit, Verfahren in englischer Sprache durchzuführen.

•    Hamburg: Zwei Commercial Courts werden hier entstehen – einer wird sich auf Finanz-, Banken- und Gesellschaftsrecht spezialisieren, der andere auf Versicherungs-, Transport- und Verkehrsrecht.

•    Frankfurt: Ab dem 1. Juli 2025 wird der Commercial Court am OLG Frankfurt mit zwei Senaten aktiv werden, um wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten zu bearbeiten.

•    Düsseldorf, Bielefeld, Essen, Köln:  Hier werden jeweils Commercial Chambers eingerichtet. 

Zusätzlich werden in Städten wie Bielefeld, Essen und Köln Commercial Chambers eingerichtet, die sich auf spezifische Themen wie erneuerbare Energien, IT-Recht und Unternehmensrecht konzentrieren.

Nutzen der neuen Commercial Courts und Chambers

Die Einführung der Commercial Courts bietet Unternehmen und Anwälten eine Reihe von Vorteilen:

•    Schnelligkeit und Effizienz: Die neuen, spezialisierten Gerichte garantieren eine schnellere Bearbeitung von Fällen. Die Fokussierung auf wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten sorgt dafür, dass Prozesse effizienter und zielgerichteter geführt werden können.

•    Expertise und Qualität: Da die Commercial Courts auf bestimmte Rechtsgebiete ausgerichtet sind, werden die Verfahren von Experten auf diesen Gebieten durchgeführt. Dies erhöht die Qualität der Entscheidungen und sorgt dafür, dass komplexe Fragen schneller und präziser geklärt werden können.

•    Internationale Ausrichtung: Ein großes Plus ist die Möglichkeit, dass viele Verfahren in englischer Sprache geführt werden können. Das ist besonders wichtig für international tätige Unternehmen, die so ohne Sprachbarrieren ihre Rechtsangelegenheiten regeln können.

•    Transparenz durch moderne Technologien: Der Einsatz moderner Technologien wie elektronischer Aktenführung und Tonmitschnitte verbessert die Nachvollziehbarkeit und Effizienz der Verfahren. Dies fördert die Transparenz und sorgt für eine verbesserte Kommunikation zwischen den Parteien und dem Gericht.

•    Zugang für größere Streitwerte: Mit der Einführung des Gegenstandskatalogs für die Zuständigkeit der Commercial Courts stellt das Gesetz sicher, dass besonders komplexe und bedeutsame Streitigkeiten dort verhandelt werden, wo Expertenwissen und schnelle Lösungen gefragt sind.

Fazit:  Neue Wege in der Wirtschaftsjurisdiktion: Internationalisierung der deutschen Handelsgerichtsbarkeit

Die Einführung der Commercial Courts stellt einen bedeutenden Schritt in der Weiterentwicklung der deutschen Wirtschaftsjurisdiktion dar. Durch die Spezialisierung auf wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten können Unternehmen und Anwälte von schnelleren, präziseren und effizienteren Verfahren profitieren. Die Möglichkeit, Verfahren in englischer Sprache durchzuführen, sowie der Einsatz moderner Technologien tragen zusätzlich zur Attraktivität der neuen Gerichte bei.
Insbesondere die 500.000 Euro-Schwelle für die Zuständigkeit der Commercial Courts sorgt dafür, dass diese spezialisierten Gerichte vor allem bei größeren und komplexeren Fällen zum Einsatz kommen. Unternehmen, die regelmäßig mit hochkomplizierten rechtlichen Fragestellungen konfrontiert sind, erhalten so eine schnelle und qualifizierte Lösung ihrer Streitigkeiten. Insgesamt stellt die Einführung der Commercial Courts eine wichtige Verbesserung dar, die die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des deutschen Wirtschaftsrechts stärkt.