23. Oktober 2018
Kann die verspätete Abgabe von Steuererklärungen strafbar sein?
Seit Bekanntwerden der Panama Papers und dem Ankauf von Steuer-CDs ist das Thema der Steuerhinterziehung in aller Munde. Vielfach wird dabei vergessen, dass bereits die verspätete Abgabe der eigenen Steuererklärung eine Steuerhinterziehung darstellen kann, wie der Fall des bayrischen Ex-Finanzministers Fahrenschon zeigt.
Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) und ehemalige bayrische Finanzminister Georg Fahrenschon ist in das Visier der Steuerfahndung geraten. Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung. Medienberichten zufolge soll Herr Fahrenschon für mehrere Jahre seine Einkommens- und Umsatzsteuererklärungen erst verspätet beim Finanzamt abgegeben haben. Doch warum kann die verspätete Abgabe zu einer Steuerhinterziehung führen?
Dies liegt an einer Sonderregelung im deutschen Abgabenrecht. Nach Paragraph 370 der Abgabenordnung (AO) kann nicht nur derjenige eine Steuerhinterziehung begehen, der dem Finanzamt gegenüber falsche oder unvollständige Angaben macht, sondern auch schon derjenige, der untätig bleibt und die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuererhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, sodass Steuern nicht, nicht in voller Höhe festgesetzt oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Insbesondere die letzte Alternative: die „verspätete“ Steuerfestsetzung – in Fachkreisen auch als Steuerhinterziehung „auf Zeit“ bezeichnet – wird in der Praxis häufig unterschätzt. Denn dazu kann bereits die verspätete Abgabe von Steuererklärungen zählen.
Wer also verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben und dieser Verpflichtung nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen nachkommt, kann sich im schlimmsten Fall einer Steuerhinterziehung schuldig machen. Die Konsequenzen können schwerwiegend sein. Neben einem Eintrag im Vorstrafenregister drohen empfindliche Geldstrafen sowie Hinterziehungszinsen, in schwerwiegenden Fällen sogar eine Freiheitsstrafe.
Auch wenn das Finanzamt in den meisten Fällen bei geringfügigen oder erstmaligen Pflichtverstößen von der Einleitung eines Strafverfahrens absieht, kann die Pflichtversäumnis dem Steuerpflichtigen teuer zu stehen kommen. Wer seine Steuererklärung verspätet einreicht, riskiert einerseits, dass das Finanzamt als Erziehungsmaßnahme einen Verspätungszuschlag festsetzt. Andererseits drohen ergänzend hierzu nach Ablauf einer gewissen Karenzzeit gesetzliche Nachzahlungszinsen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat, das sind stattliche 6 Prozent im Jahr!
Unser Rat: Erkundigen Sie sich frühzeitig über Ihre steuerlichen Pflichten!
Doch wie können Sie sich vor diesen Folgen schützen? Unser Rat: Erkundigen Sie sich hierzu möglichst frühzeitig über Ihre steuerlichen Pflichten und vermeiden Sie so, dass Steuererklärungen zu spät abgegeben werden.
Dies gilt nicht nur für Bezieher hoher Einkünfte oder für Unternehmens-Neugründer, sondern beispielsweise auch für den klassischen Arbeitnehmer mit weiteren Nebeneinkünften, mit individuellen Freibeträgen auf der elektronischen Lohnsteuerkarte sowie als Verheirateter mit der Steuerklassenkombination 3/5, oder auch Beziehern von hohen Alterseinkünften oder zusätzlichen Betriebsrenten.
Die Frage, ob Sie tatsächlich zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet sind, hängt von vielen verschiedenen Einzelfaktoren ab, wie beispielsweise der Höhe und der Art Ihrer Einkünfte und der Art Ihrer Veranlagung.
Für jährliche Steuererklärungen besteht für steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige die Pflicht zur Abgabe bis zum 31. Mai des Folgejahres. Werden Sie hingegen durch einen Steuerberater vertreten, haben Sie bis zum 31.12. des Folgejahres Zeit die Steuererklärung einzureichen. Für Steuerjahre ab 2018 verlängern sich diese Fristen um zwei weitere Monate. Grundsätzlich ist es möglich, eine individuelle Fristverlängerung beim Finanzamt zu beantragen, dieses ist zu einer Gewährung jedoch nicht verpflichtet.
Rechtzeitig abzugeben sind auch nur einmalig abzugebende Steuererklärungen, z.B. für Erbschaften oder Schenkungen, sowie monatliche bzw. vierteljährliche Steuererklärungen, wozu z.B. auch die Umsatzsteuer-Voranmeldungen gehören. Viele Existenzgründer wissen nicht, dass sie während der ersten zwei Jahre ihrer unternehmerischen Tätigkeit von Beginn an monatlich ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen an das Finanzamt senden müssen. Dieses akzeptiert dabei nur noch elektronische Übermittlungen.
Die Finanzämter sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Sie zur Abgabe der Erklärung aufzufordern. Auch ohne Ermahnung besteht somit ggfs. die Pflicht eine Steuererklärung abzugeben. Hier gilt also der Grundsatz: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“.
Wir empfehlen Ihnen somit genau zu prüfen, ob Sie zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind.
Straffreiheit dank einer Selbstanzeige?
Gibt der säumige Steuerpflichtige seine Steuererklärung verspätet ab, kann hierin eine strafbefreiende Selbstanzeige gesehen werden. Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung scheidet bei einer ordnungsgemäßen Selbstanzeige aus. Aber auch hierbei ist Vorsicht geboten!
Seit den jüngsten Verschärfungen der Regelung zur strafbefreienden Selbstanzeige kommt diese nur noch in Betracht, wenn mit sämtlichen Verfehlungen der Vergangenheit auf einmal aufgeräumt wird und für alle unverjährten Zeiträume zusammen „reiner Tisch“ gemacht wird. Wer bereits mit mehreren Erklärungen in Rückstand geraten ist und diese erst nach und nach dem Finanzamt einreicht, riskiert den Vorteil der Strafbefreiung.
Wie KBHT Sie unterstützen kann?
Wenn Sie Fragen rund um das Thema der Abgabepflicht Ihrer Steuererklärung und zum Thema Steuerstrafverfahren haben oder unsere Unterstützung bei der Erstellung Ihrer Erklärungen wünschen, beraten wir Sie gerne.